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Die bestehende Vertretung auf Vorstandsebene machte die Richtlinie zu einem wichtigen Thema für Österreich. Es gab jedoch keine größere Debatte über die Umsetzung in nationales Recht. Die Möglichkeit, auch inländischen Unternehmen eine einstufige Unternehmensleitung zu erlauben, wurde zwar angesprochen, aber dann verworfen.
In Österreich gibt es bereits nationale Gesetze, die eine Vertretung der Arbeitnehmer auf Vorstandsebene in einer Vielzahl von öffentlichen und privaten Unternehmen vorsehen, was einen klaren Bezug zu den Gesetzen zur Umsetzung der Richtlinie über die Europäische Aktiengesellschaft herstellt. Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern waren an den ausführlichen Diskussionen über die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht beteiligt. Während des Prozesses gab es jedoch keine größeren Meinungsverschiedenheiten. Ein Thema, das ausführlicher diskutiert wurde, war die Möglichkeit, die den europäischen Unternehmen eingeräumte Möglichkeit, zwischen dem monistischen und dem zweistufigen Vorstand zu wählen, auf österreichische Unternehmen auszuweiten. Letztendlich wurde jedoch beschlossen, diesen Schritt nicht zu tun und die Anforderung, einen zweistufigen Vorstand zu haben, beizubehalten.
Die Richtlinie wurde rechtzeitig vor Ablauf der Frist im Oktober 2004 in ein Gesetz umgesetzt.
Die Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer in den europäischen Unternehmen wurde durch folgende Gesetze umgesetzt, die am 15. Juli 2004 veröffentlicht wurden: 82. Bundesgesetz zur Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes, des Bundesgesetzes über die Arbeitnehmervertretung in der Post und des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes (82. Bundesgesetz: Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes, des Bundesgesetzes über die Post- Betriebsverfassung und des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes). Am 24. Juni 2004 wurde ein gesondertes Gesetz verabschiedet, um das österreichische Gesellschaftsrecht an die Verordnung über Europäische Gesellschaften anzupassen.
Special negotiating body (SNB)
Die österreichischen Mitglieder des BVG werden von den Betriebsratsstrukturen gewählt.
Die genaue Methode zur Ernennung der österreichischen BVG-Mitglieder hängt davon ab, ob sie von Betrieben, Unternehmen oder Unternehmensgruppen entsandt werden und ob es auf dieser Ebene eine Struktur der Arbeitnehmervertretung gibt oder nicht.
In Betrieben erfolgt die Wahl durch den Betriebsausschuss - ein Gremium, das nur existiert, wenn Arbeiter und Angestellte getrennte Betriebsräte wählen, und das sich aus beiden Gruppen zusammensetzt - oder, wenn es keinen Betriebsausschuss gibt, durch den Betriebsrat. Wenn es mehrere Betriebsausschüsse/Betriebsräte in verschiedenen Betrieben gibt, die nicht zum selben Unternehmen gehören, beruft der Vorsitzende des größten Betriebs eine Sitzung aller Betriebsräte ein, um die Mitglieder des BVG zu wählen.
In Unternehmen erfolgt die Wahl der BVG-Mitglieder durch den Zentralbetriebsrat. Gibt es keinen Zentralbetriebsrat, beruft der Vorsitzende des größten Betriebs eine Versammlung zur Wahl der BVG-Mitglieder ein, wie im vorangegangenen Absatz beschrieben. Wenn es mehrere Gesamtbetriebsräte gibt, beruft der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats des größten Unternehmens eine Sitzung aller Mitglieder des Gesamtbetriebsrats ein, um die Mitglieder des BVG zu wählen. Wenn es Betriebsausschüsse oder Betriebsräte gibt, die nicht von den Gesamtbetriebsräten abgedeckt werden, sind deren Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende ebenfalls zu dieser Sitzung einzuladen.
In Konzernen erfolgt die Wahl der BVG-Mitglieder durch den Konzernbetriebsrat. Gibt es keinen Konzernbetriebsrat, erfolgt die Wahl entweder durch eine Versammlung der Gesamtbetriebsräte, wie im vorhergehenden Absatz beschrieben, oder, falls es keine Gesamtbetriebsräte gibt, durch eine Versammlung der einzelnen Betriebsräte oder Betriebsausschüsse, wie im vorhergehenden Absatz beschrieben. Wenn es einige Zentralbetriebsräte oder Betriebsräte/Betriebsausschüsse gibt, die nicht vom Konzernbetriebsrat erfasst werden, werden wie bisher auch deren Vorsitzende und Stellvertreter zu dieser Sitzung eingeladen (§ 218).
Bei der Auswahl der österreichischen Mitglieder des BVG sollte auf ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Arbeitern und Angestellten sowie Männern und Frauen geachtet werden. Und auch die Notwendigkeit, dass jedes beteiligte Unternehmen durch mindestens ein Mitglied des BVG vertreten sein muss, sollte berücksichtigt werden (§ 217).
Eine Besonderheit der österreichischen Gesetzgebung ist, dass kein alternatives Verfahren für den Fall vorgesehen ist, dass es keinen Betriebsrat gibt. Im Gegensatz zu den Rechtsvorschriften der meisten anderen Mitgliedstaaten sieht das österreichische Recht in solchen Fällen keine Direktwahl vor.
Externe Gewerkschaftsvertreter aus Österreich können Mitglieder des BVG sein.
Das Gesetz besagt zwar, dass die österreichischen BVG-Mitglieder in der Regel "aus den Reihen der Betriebsratsmitglieder" ernannt werden, sieht aber ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass anstelle eines Betriebsratsmitglieds ein externer Gewerkschaftsfunktionär - "ein Funktionär oder Angestellter eines einschlägigen freiwilligen Berufsverbandes" - ernannt werden kann (§ 217).
Finanzierung von mehr als einem Sachverständigen nicht gewährleistet
Die teilnehmenden Unternehmen tragen die notwendigen Kosten des BVG einschließlich der Kosten für "mindestens einen Sachverständigen" (§ 224). [Dies geht aus dem deutschen Text hervor (jedenfalls ein Sachverständiger). In der englischen Übersetzung heißt es jedoch "including expenses of interpreters and experts"].
Standard rules under the fallback procedure
Die österreichischen Mitglieder des SE-Vertretungsorgans werden auf die gleiche Weise gewählt wie die österreichischen Mitglieder des BVG - über die nationalen Betriebsratsstrukturen.
Das Verfahren für die Zuteilung von Sitzen im SE-Vertretungsorgan - in der österreichischen Gesetzgebung als SE-Betriebsrat bezeichnet - ist das gleiche wie das Verfahren für die Wahl der Mitglieder des BVG. Mit anderen Worten, sie werden über die österreichischen Betriebsratsstrukturen gewählt (siehe Abschnitt über das BVG) (§ 234). Die einzige Ausnahme ist, dass externe Gewerkschaftsvertreter nur dann Mitglieder des SE-Betriebsrats sein können, wenn sie bereits Mitglied des nationalen Betriebsrats sind. Dies ist im Rahmen der österreichischen Betriebsratsgesetzgebung möglich, kommt aber sehr selten vor.
Die Haushaltsregelungen für das Vertretungsorgan der SE sind die gleichen wie die für das BVG.
Die Modalitäten für die Finanzierung des SE-Betriebsrats sind dieselben wie die für die Finanzierung des BVG (§ 224). Das bedeutet, dass die Verwaltungskosten des SE-Betriebsrats, einschließlich der Kosten für mindestens einen Sachverständigen, von der Europäischen Gesellschaft getragen werden. Die Gesellschaft ist verpflichtet, dem SE-Betriebsrat "die für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen materiellen Mittel" zur Verfügung zu stellen, "und zwar in einem der Größe der Europäischen Gesellschaft angemessenen Umfang".
Die österreichischen Mitglieder des Verwaltungsrats werden nach demselben Verfahren wie die österreichischen Mitglieder des Vertretungsorgans der SE gewählt - über die nationalen Betriebsratsstrukturen.
Der SE-Betriebsrat entscheidet über die Verteilung der Sitze im Vorstand - unabhängig davon, ob es sich um ein einstufiges oder zweistufiges System handelt - (§ 246). Sobald die Verteilung festgelegt ist, werden die österreichischen Mitglieder auf dieselbe Weise gewählt wie die österreichischen Mitglieder des SE-Betriebsrats, die ihrerseits auf dieselbe Weise gewählt werden wie die österreichischen Mitglieder des BVG. Das heißt, sie werden über die österreichischen Betriebsratsstrukturen gewählt (siehe Abschnitt über das BVG).
Misuse of procedures and structural change
Strukturelle Änderungen im ersten Jahr sind ein Verfahrensmissbrauch, sofern nicht das Gegenteil bewiesen werden kann.
Das Gesetz besagt, dass eine Europäische Gesellschaft nicht dazu missbraucht werden darf, Arbeitnehmern Mitbestimmungsrechte vorzuenthalten oder zu entziehen. Ein Missbrauch ist insbesondere dann zu vermuten, wenn es Änderungen in der Unternehmensstruktur gibt, die dazu führen können, dass Arbeitnehmer diese Rechte verlieren oder nicht erhalten. Es heißt auch, dass alle strukturellen Änderungen, die im ersten Jahr des Bestehens einer Europäischen Gesellschaft erfolgen, als Missbrauch von Verfahren zu betrachten sind, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass dies nicht der Fall war (§ 229).
Das Gesetz enthält eine umfangreiche Liste von strukturellen Änderungen und sieht vor, dass die Vereinbarung neu verhandelt wird, wenn diese Änderungen eingetreten sind und entweder der SE-Betriebsrat oder Vertreter von 10% der Arbeitnehmer dies wünschen.
Ein BVG soll einberufen werden, um Verhandlungen über eine neue Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer aufzunehmen, wenn es zu strukturellen Änderungen gekommen ist, sofern dies von der Unternehmensleitung selbst, durch einen schriftlichen Antrag von 10% der Belegschaft oder ihrer Vertreter oder durch einen schriftlichen Antrag des SE-Betriebsrats verlangt wird. Als strukturelle Änderungen gelten insbesondere folgende Umstände: eine Verlegung des Sitzes des Unternehmens, eine Änderung der Art und Weise, wie das Unternehmen geführt wird, die Schließung, Verkleinerung oder Verlegung von Geschäftsbereichen oder Standorten des Unternehmens, die Zusammenlegung von Betrieben oder Unternehmensteilen und der Erwerb bedeutender Beteiligungen an anderen Unternehmen, sofern diese die Gesamtstruktur des Unternehmens wesentlich beeinflussen. Darüber hinaus sind auch größere Veränderungen in der Zahl der Beschäftigten des Unternehmens und seiner Tochtergesellschaften als strukturelle Veränderungen zu betrachten.
Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeber scheinen mit der österreichischen Gesetzgebung zufrieden zu sein.
Sowohl Vertreter der Arbeitgeber als auch der Gewerkschaften waren an der Umsetzung der Richtlinie in österreichisches Recht beteiligt und scheinen beide mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.
SEEurope report
Walter Gagawczuk and Helmut Gahleitner (Arbeiterkammer Wien)
Die österreichischen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des SE-Statuts und der SE-Richtlinie werden voraussichtlich vor August 2004 verabschiedet und treten am 8. Oktober 2004 in Kraft.
Die Gesetzgebung besteht hauptsächlich aus einem neuen Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-Gesetz - SEG) und einer Änderung (neues Kapitel) des bestehenden Arbeitsverfassungsgesetzes zur Umsetzung der SE-Richtlinie.
Die Entwürfe der neuen Gesetzgebung wurden Ende Januar 2004 zur formellen Begutachtung verschickt und werden dem Parlament voraussichtlich im Mai 2004 vorgelegt werden.
Die wichtigsten Inhalte der Entwürfe finden Sie in den folgenden Präsentationen:
Umsetzung des SE-Gesetzes Umsetzung der SE-Richtlinie
SEEurope report
Walter Gagawczuk and Helmut Gahleitner (Arbeiterkammer Wien)
Die Unternehmensverfassung der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea oder SE) sieht ein Stimmrecht über die Organisationsstruktur der SE vor (Art. 38). Die Unternehmen können zwischen zwei Systemen wählen: (i) dem dualen oder zweistufigen System mit getrenntem Aufsichtsrat und Vorstand, das in Österreich üblich ist, oder (ii) dem einstufigen System, bei dem Kontrolle und Management in einem Organ (Vorstand oder Verwaltungsorgan) zusammengefasst sind, das vor allem in angelsächsischen Ländern verwendet wird. Dieses Recht, über die Organisationsstruktur der Unternehmensverfassung abzustimmen, ist in Österreich neu. Nationale Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, das duale oder zweistufige Verwaltungssystem anzuwenden.
Die Organe - Aufsichtsrat und Vorstand - stehen nicht in einem Kontrollverhältnis, bei dem der Vorstand den Aufsichtsrat kontrolliert oder der Aufsichtsrat den Vorstand kontrolliert: Beide haben unterschiedliche Aufgaben. Während der Vorstand für die Leitung des Unternehmens verantwortlich ist, hat der Aufsichtsrat die Aufgabe, den Vorstand zu überwachen und zu beraten (z.B. bei der Unternehmensstrategie, bei zustimmungspflichtigen Geschäften nach §95(5) öAktG, usw.). Beide Organe müssen dazu beitragen, das Wohl des Unternehmens zu fördern und dabei die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit zu berücksichtigen.
Im Rahmen der Umsetzung der SE-Verordnung in nationales Recht wurde lange darüber diskutiert, ob das monistische System zusammen mit dem Recht, über die Form der Unternehmensführung abzustimmen, auch den nationalen Gesellschaften zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Befürworter einer Öffnung des monistischen Systems für nationale Gesellschaften betonten die damit verbundene Flexibilisierung des österreichischen Gesellschaftsrechts und mögliche positive Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Rechtsordnungen. Die verschiedenen Interessengruppen betonten jedoch, dass das zweistufige System der Unternehmensverfassung in Österreich gut etabliert ist und sich als effizient erwiesen hat, mit der obligatorischen Beteiligung von Arbeitnehmervertretern.
Daher entschied die Bundesregierung, dass es besser sei, abzuwarten, bis empirische Daten über das Funktionieren des einstufigen Systems in Österreich vorliegen, bevor eine mögliche Ausweitung der Option auf nationale Gesellschaften in Betracht gezogen wird. Das von der Nationalversammlung verabschiedete SE-Gesetz beschränkt sich daher auf die Umsetzung der Normen des europäischen Gemeinschaftsrechts und verlangt weiterhin das zweistufige System für nationale Gesellschaften.
Das neue - in Österreich - einstufige Modell der Unternehmensführung steht im Mittelpunkt des österreichischen Durchführungsgesetzes zur SE-Verordnung. Die Option des zweistufigen Systems (Aufsichtsrat/Vorstand) ist praktisch identisch mit der, die für nationale Gesellschaften gilt. Die Geschäfte, die nach nationalem Gesellschaftsrecht zustimmungspflichtig sind (§95(5) öAktG), müssen im Falle der SE im Gesellschaftsstatut festgelegt werden.
Das einstufige System ist in Österreich ausführlich diskutiert worden. Das Standard-Verwaltungsorgan wird als "Verwaltungsorgan" bezeichnet und muss aus mindestens drei Personen bestehen. Im Sinne des Erwägungsgrundes 14 der SE-Verordnung, der eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Leitungs- und Aufsichtspersonal für wünschenswert hält, muss das Verwaltungsorgan in Österreich einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren bestellen (§59(1) SE-Gesetz). Dabei kann das Verwaltungsorgan aus den eigenen Reihen bestellen oder externe Bestellungen vornehmen. In börsennotierten Gesellschaften können geschäftsführende Direktoren, die die Geschäfte der Gesellschaft führen, nicht Mitglieder des Verwaltungsorgans sein, d.h. die Bestellung externer Direktoren ist obligatorisch und das Verwaltungsorgan besteht ausschließlich aus nicht geschäftsführenden Direktoren.
Die obligatorische Ernennung von geschäftsführenden Direktoren soll das ordnungsgemäße Funktionieren von Management und Kontrolle in Privatunternehmen gewährleisten, und das bestehende zweistufige System sollte unter keinen Umständen kopiert werden. Der Status und die Funktion des Verwaltungsorgans als oberstes Leitungsorgan ist in §39(1) des österreichischen SE-Gesetzes eindeutig verankert. Das Verwaltungsorgan hat demnach das Weisungs- und Initiativrecht, ist im Rahmen der Entwicklung strategischer Ziele für das Unternehmen viel stärker in die Geschäftsführung eingebunden als das Aufsichtsorgan und übt die Kontrolle bei der Verfolgung der festgelegten Ziele aus.
Das Fehlen eines Aufsichtsorgans im einstufigen System bedeutet, dass die nicht geschäftsführenden Direktoren des Verwaltungsorgans eine zentrale Rolle bei der Überwachung des Unternehmens spielen. Folglich darf kein geschäftsführender Direktor dem Finanzprüfungsausschuss angehören und die Positionen des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsorgans müssen von nicht geschäftsführenden Direktoren besetzt werden.
Es gab auch eine lebhafte Diskussion über das Verhältnis zwischen der Aktionärsversammlung und dem Verwaltungsorgan. Aus dem Ministerialentwurf wurde fälschlicherweise geschlossen, dass das Verwaltungsorgan im monistischen System den Weisungen der Aktionärsversammlung unterliegt (siehe Kalss und Greda, "Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) nach österreichischem Vorbild auf der Grundlage des Ministerialentwurfs", in GesRZ (2004), S. 91ff). Die Aktionärsversammlung ist zwar befugt, die Mitglieder des Verwaltungsorgans sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtheit abzuberufen, sie ist jedoch nicht berechtigt, dem Verwaltungsorgan Weisungen zu erteilen. Dies wird auch im Bericht des Justizausschusses nachdrücklich betont.
Darüber hinaus befasst sich das österreichische Ausführungsgesetz zur SE-Verordnung (SE-Statut) mit dem Schutz der Minderheitsaktionäre und der Gläubiger. Der Schutz der Minderheitsaktionäre stützt sich im Wesentlichen auf drei Instrumente: rechtzeitige Information, Mitspracherecht bei der Entscheidungsfindung und Rücktrittsrecht für missbilligende Gesellschafter mit der Möglichkeit, die Angemessenheit der Barabfindung zu prüfen. Der Gläubigerschutz ist auch bei grenzüberschreitenden Transaktionen von zentraler Bedeutung, insbesondere wenn die Verlegung des Firmensitzes und der Hauptverwaltung die Verfolgung der Gläubigerrechte erschwert. Gläubiger haben das Recht auf angemessenen Schutz, sofern sie nachweisen können, dass ihre Forderung durch die Verlegung des Unternehmenssitzes gefährdet wäre.
ARBEITNEHMERBETEILIGUNG IM RAHMEN DES BOARD-SYSTEMS
Zur Umsetzung der Richtlinie des Rates wurde ein neues Kapitel in das Arbeitsverfassungsgesetz eingefügt (Kapitel VI - Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE; ab § 208). Die Klauseln, die sich mit der Umsetzung der Auffangregelung für die Mitbestimmung befassen, sind in den §§ 245-248 dieses Gesetzes niedergelegt.
Diese Bestimmungen lauten wie folgt:
Auffangregeln für die Mitbestimmung
§ 245. (1) Die in der SE, ihren Tochtergesellschaften und Betrieben bestehenden Arbeitnehmervertretungen oder Arbeitnehmervertreter haben das Recht, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der SE zu wählen oder zu bestellen oder deren Bestellung zu empfehlen oder abzulehnen. Ihre Zahl richtet sich nach dem höchsten Anteil von Arbeitnehmervertretern im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan in den beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE.
(2) Bei einer SE, die im Wege der Umwandlung gegründet werden soll, finden die für die umzuwandelnde Gesellschaft geltenden Vorschriften über die Arbeitnehmerbeteiligung nach Maßgabe der §§ 246 bis 248 Anwendung.
Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan
§ 246. (1) Der SE-Betriebsrat entscheidet über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE auf die Mitglieder, die die Arbeitnehmer aus verschiedenen Mitgliedstaaten vertreten, entsprechend dem Anteil der in den einzelnen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe.
(2) Wenn dann mehrere Sitze an Arbeitnehmervertreter aus demselben Mitgliedstaat gehen und Arbeitnehmer aus einem oder mehreren Mitgliedstaaten nicht vertreten sind, sollte der SE-Betriebsrat die Sitze erneut gemäß (1) verteilen, wobei ein Sitz bei der Verteilung nicht berücksichtigt wird. Dieser Sitz sollte einem Arbeitnehmervertreter aus einem der nicht vertretenen Mitgliedstaaten zugewiesen werden. Gleichzeitig sollte darauf geachtet werden, dass dieser Sitz den Arbeitnehmervertretern zugewiesen wird, in denen die SE ihren Sitz hat. Sollte dieser Mitgliedstaat einen Sitz im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan gemäß (1) erhalten, so sollte dieser Sitz den Arbeitnehmervertretern des bisher nicht vertretenen Mitgliedstaates zugewiesen werden, in dem der größte Teil der Arbeitnehmer beschäftigt ist.
(3) Ändert sich die Zahl der vom jeweiligen Organ der SE bestellten Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans, so hat der SE-Betriebsrat unter Beachtung der Auffangregelung in (1) und (2) erneut über die Verteilung der Sitze der Arbeitnehmervertreter zu entscheiden, indem er überzählige Arbeitnehmervertreter abberuft und zusätzliche Sitze an Arbeitnehmervertreter aus den jeweiligen Mitgliedstaaten vergibt.
Ernennungsverfahren für Arbeitnehmervertreter
§ 247. (1) Die Bestellung der österreichischen Mitglieder in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE erfolgt nach dem Beschluss des SE-Betriebsrats über die Sitzverteilung gemäß § 234.
(2) Die Bestellung von Mitgliedern aus Mitgliedstaaten in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan von SEs mit Sitz in einem Land, das keine Bestellung durch das jeweilige nationale Arbeitnehmerorgan vorsieht, soll durch den SE-Betriebsrat erfolgen.
(3) Der SE-Betriebsrat und das zuständige Organ der SE sollten über die in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE bestellten Mitglieder informiert werden.
(4) Die Mitgliedschaft der österreichischen Vertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE beginnt mit der Bekanntgabe des Bestellungsbeschlusses (2) und endet in den Fällen des § 237 Abs. 5 Z 2-5 sowie im Fall des § 246 Abs. 3.
Rechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan
§ 248. (1) Für die Beschlussfassung über die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstands, die Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsorgans und seines ersten Stellvertreters sowie die Wahl und Abberufung des Vorsitzenden der geschäftsführenden Direktoren gilt § 110 Abs. 3 dritter und vierter Satz. Im Übrigen haben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan die gleichen Rechte, einschließlich des Stimmrechts, und Pflichten wie die durch das jeweilige Organ oder die Satzung der SE bestellten Mitglieder.
(2) § 110(4) gilt für das Sitz- und Stimmrecht der Arbeitnehmervertreter in den Ausschüssen des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans mit der Maßgabe, dass das Sitz- und Stimmrecht der Arbeitnehmervertreter nicht für die Ausschüsse des Verwaltungsorgans gilt, die die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den geschäftsführenden Direktoren regeln, mit Ausnahme von Entscheidungen über die Bestellung und Abberufung geschäftsführender Direktoren sowie die Gewährung von Optionen auf Aktien der Gesellschaft.
Kommentar:
§ 245 dient der Umsetzung der ersten drei Absätze von Teil 3 des Anhangs der Richtlinie und orientiert sich auch weitgehend an deren Wortlaut.
Die Formulierung "Buchstabe b gilt insoweit sinngemäß" wurde nicht übernommen. In den Erläuterungen zum Regierungsentwurf wird jedoch klargestellt, dass bei einer Änderung der Organisationsverfassung im Zuge einer Umwandlung die Zahl der Mitglieder im Verwaltungsorgan der SE der Zahl der Arbeitnehmervertreter in der Gesellschaft vor der Umwandlung entsprechen soll.
Der§ 246 setzt den fünften Absatz des Anhangs der Richtlinie um.
§ 247 regelt Folgendes:
- die Ernennung der österreichischen Mitglieder des Aufsichtsorgans und des Verwaltungsorgans;
- Standardregeln für die Ernennung aus Mitgliedstaaten, die keine Ernennung durch die zuständige Arbeitnehmervertretung vorsehen;
- Verpflichtung zur Meldung;
- Beginn und Ende der Mitgliedschaft der österreichischen Vertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan.
Gewerkschaftsvertreter können, wie beim SE-Betriebsrat, nur dann als österreichische Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans bestellt werden, wenn sie Mitglieder des Betriebsrats sind. Dies ist nur möglich, wenn mindestens vier Mitglieder in den Betriebsrat zu wählen sind (d.h. bei Betrieben mit mehr als 50 Arbeitnehmern) und ist in der Praxis selten (genaue statistische Daten sind nicht bekannt).
Der§ 248 regelt die Rechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan.
Diesbezüglich legt der letzte Absatz im Anhang der Richtlinie fest, dass die Arbeitnehmervertreter vollberechtigte Mitglieder des jeweiligen Organs mit den gleichen Rechten und Pflichten (einschließlich des Stimmrechts) sind wie die Mitglieder, die Aktionäre vertreten.
Auf der anderen Seite ist eine Bestimmung in Art. 50(3) der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 Folgendes vor: Wenn die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 2001/86/EG vorgesehen ist, kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung des Aufsichtsorgans abweichend von den in den Absätzen 1 und 2 genannten Bestimmungen den Vorschriften unterliegen, die unter den gleichen Bedingungen für Aktiengesellschaften gelten, die dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats unterliegen.
Das österreichische Gesellschaftsrecht und das Arbeitsverfassungsgesetz sehen vor, dass in den folgenden Fällen eine so genannte doppelte Mehrheit gilt (d.h. die Mehrheit aller Mitglieder des Aufsichtsorgans sowie die Mehrheit der Aktionäre müssen zustimmen):
- Ernennung und Abberufung des Vorstandes;
- Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsorgans und seines ersten Stellvertreters.
Nach österreichischem Recht haben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan auch das Recht, nach den Grundsätzen der Dreiparität Mitglied - mit Sitz und Stimme - in den Ausschüssen des Aufsichtsorgans zu werden. Dies gilt jedoch für Ausschüsse, die die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den Mitgliedern des Vorstands betreffen (der so genannte Personalausschuss), mit Ausnahme von Entscheidungen über die Ernennung von Vorstandsmitgliedern sowie die Gewährung von Aktienoptionen.
Diese besonderen Bestimmungen im österreichischen Gesellschaftsrecht und im Arbeitsverfassungsgesetz bedeuten, dass Arbeitnehmervertreter und Anteilseignervertreter nicht die gleichen Rechte und Pflichten haben und sind daher nicht mit dem letzten Satz des Anhangs der Richtlinie vereinbar. Die Bestimmung in Art. 50(3) der Verordnung ändert ebenfalls nichts, da der letzte Satz des Anhangs der Richtlinie als lex specialis zu betrachten ist. Dieser verhindert nur Regelungen, die zwischen der Rechtsstellung von Arbeitnehmervertretern und Anteilseignervertretern unterscheiden, nicht aber solche, die andere Regelungen vorsehen (z.B. eine doppelte Mehrheit: eine Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder und gleichzeitig eine Mehrheit der Anteilseignervertreter). In Anbetracht dieser Bestimmung besteht also noch ein erheblicher Spielraum für unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Beschlussfähigkeit oder die Beschlussfassung nach Art. 50(3).
Die österreichische Umsetzung in § 248 sollte daher nicht als richtlinienkonform im Sinne dieses Rechtsgutachtens angesehen werden.
Aber selbst wenn man dem Art. 50(3) der Verordnung den Vorrang einräumen würde, wäre die konkrete Regelung jedenfalls in Bezug auf das Verwaltungsorgan (Art. 50(3) betrifft nur das "Aufsichtsorgan") und in Bezug auf den Anspruch auf einen Sitz im Personalausschuss (Art. 50(3) Abs. 3 bezieht sich nur auf die Beschlussfähigkeit und die Entscheidungserfordernisse) nicht europarechtskonform.
SEEurope report
Walter Gagawczuk and Helmut Gahleitner (Arbeiterkammer Wien)
Die Umsetzung der Richtlinie wurde Mitte Juli abgeschlossen. Dies geschah durch das Arbeitsverfassungsgesetz (neuer Teil VI - Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE; §§ 208 ff.) und wurde am 15. Juli 2004 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es ist - aus naheliegenden Gründen - am 8. Oktober 2004 in Kraft getreten.
Das SE-Statut wurde im Juni 2004 umgesetzt. Es besteht aus einem eigenen Gesetz (Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft - SEG) und kleineren Änderungen des Firmenbuchgesetzes. Es ist ebenfalls am 8. Oktober 2004 in Kraft getreten.